Frankreichs später Achtelfinalsieg gegen Belgien: Équipe minimale (2024)

Szene des Spiels: Seit 23 Minuten war er auf dem Feld, da bekam Randal Kolo Muani den Ball. In halbrechter Position im Strafraum, mit dem Rücken zum Tor. Hinter ihm stand Belgiens Rekordnationalspieler Jan Vertonghen, ein international erfahrener Innenverteidiger, der Kolo Muani aber erlaubte, sich linksherum aufzudrehen und zu schießen. Dass der Ball dann tatsächlich im Tor landete, war mehr Zufall als Können, denn Kolo Muani schoss sich selbst gegen das Standbein, was wohl kaum beabsichtigt war – und dann wurde der Schuss auch noch ein zweites Mal durch Vertonghens Knie abgefälscht (85. Minute).

Ergebnis: Das glückliche Tor reichte den Franzosen gegen zum 1:0-Sieg und den Einzug ins Viertelfinale. Gewertet wurde der Treffer als Eigentor von Vertonghen. Hier geht es zum Spielbericht.

Alte Bekannte: In der Geschichte beider Teams ist es der Klassiker schlechthin. Am 1. Mai 1904 spielte Frankreich erstmals gegen Belgien, und für beide Nationen war das 3:3 das erste Länderspiel überhaupt. Seitdem gab es 75 Duelle, einen häufigeren Gegner hatten weder die Franzosen noch die Belgier. Insgesamt ist die Bilanz zwar fast perfekt ausgeglichen mit leichtem Vorteil für Belgien, in den letzten sechs Partien konnten die »Roten Teufel« aber nur einmal gewinnen.

Die erste Hälfte: Vielleicht auch wegen des Misserfolges der jüngsten Vergangenheit starteten die Belgier mit sehr defensiver Ausrichtung. Bei gegnerischem Ballbesitz verteidigte meist die gesamte Mannschaft in der eigenen Hälfte, wodurch Frankreich nur schwer in den Strafraum kam. In einer chancenarmen Partie gab es als Highlights erst mal nur einen tückischen Freistoß von Belgiens Superstar Kevin De Bruyne (24.) und einen Kopfball von Marcus Thuram (34.), der knapp vorbeiging.

Die zweite Hälfte: Mit Deschamps Matchplan waren die Franzosen berechenbar für Belgier, die sich trotzdem meist am eigenen Strafraum verschanzten. Kanté wusste in Strafraumnähe oft nur wenig mit dem Ball anzufangen, Distanzschüsse und Steckpässe gehören nicht zu seinen Stärken. Trotz hoher Dominanz blieb Frankreich oft nichts übrig als ein mutiger Schuss, meist von außerhalb des Strafraums: Tchouaméni (49.), Kylian Mbappé (56.), Griezmann (65.) und William Saliba (74.) trafen aber alle das Ziel nicht. Belgien hätte diese Einfallslosigkeit beinahe genutzt, die beste Chance vergab Yannick Carrasco, als er sich den Ball zu weit vorlegte, sodass Theo Hernández noch in den Schuss grätschen konnte (61.). Am Ende stolperte sich Frankreich aber in die nächste Runde.

Es stockt und stottert: Der große Titelfavorit steht im Viertelfinale. Irgendwie ist das auch verdient, war Frankreich doch in allen Partien die dominante Mannschaft. Aber irgendwie grenzt es auch an eine Frechheit, es bis in die Runde der letzten Acht zu schaffen, ohne auch nur ein einziges Tor aus dem Spiel heraus zu schießen. Beim 1:0 gegen Österreich war es ein Eigentor, im letzten Gruppenspiel gegen Polen ein Elfmeter und jetzt schon wieder ein Eigentor. Bislang fehlt der Équipe Tricolore der Glanz.